Renault Clio R.S.: Kleine Granate

Ein Tropfen Benzin reicht, um die Leidenschaft zu entfachen – mit diesen Worten bewirbt Renault den zivilen Clio, der bereits meine Bekanntschaft machen durfte. Doch weil der brave Clio mit seinen kleinen Sparmotörchen meiner Meinung nach eher knausrig als entfesselnd ist, passt dieser Slogan viel besser zum forschen R.S. Modell. Start-Stopp-Automatik? Nein danke, dafür ein Race-Modus mit blitzschnellen Schaltwechseln und einem komplett deaktivierten ESP. Wer will, kann sich auch noch mit der Soundkulisse vom Nissan GT-R verwöhnen lassen. Da dürfen es dann gerne ein paar Tropfen Benzin mehr sein.

Der Testwagen ist ein Monaco GP Sondermodell, das in einer exklusiven Pearl White Lackierung schimmert. In einem starken Kontrast zum schimmernden Weiss stehen das schwarze Dach, die schwarzen Säulen und die roten Bremskolben. Äusserlich sind ansonsten keine Unterschiede zum herkömmlichen Clio R.S. auszumachen. Was solls? Der R.S. sieht sowieso schon böse genug aus und obendrein macht er mit den getarnten Türgriffen hinten optisch einen auf Dreitürer, bietet aber die praktischen Vorteile eines Fünftürers.
Im Interieur dominieren bei der Monaco GP Version die Farben Schwarz und Hellgrau. Vorne reist man auf exzellenten Sportsitzen, die Rückbank hingegen dürfte stärker ausgeformt sein. Der fünfte Sitzplatz mag zwar auf dem Papier existieren, in der Praxis wird sich jedoch niemand auf diesem Pseudo-Sitzplatz niederlassen wollen. Ansonsten ist das Platzangebot für einen sportlichen Kleinwagen aber sehr gut, auch der Kofferraum überzeugt mit voluminösen 300 Liter Volumen. An der Verarbeitung gibt es auch nichts auszusetzen, allerdings dürfte die Türverkleidung hochwertiger sein, denn dort dominieren Kunststoffe und Hartplastik, was in einem relativ teuren Sondermodell eigentlich nichts zu suchen hat. Mit der Welt verbunden ist der Clio R.S. über das intuitive R-Link  Infotainmentsystem, welches obendrauf sehr günstig ist. Wer spielerisch veranlagt ist, kann sich verschiedene Motorsounds vorgaukeln lassen, vom Rally-Clio bis zum Nissan GT-R, die Auswahl ist nicht schlecht und ein Beispiel, wie das klingen kann, findet sich auf YouTube. Der Sound klingt ziemlich… speziell, aber hey, der Motor bringt bereits von sich aus einen guten, kernigen Sound mit, daher… Eine entbehrliche Spielerei. Eine weitere Spielerei, allerdings eine wirklich Coole, ist der R.S. Monitor, der zwar nochmals ein bisschen extra kostet, aber allerlei technische Daten während der Fahrt in Echtzeit anzeigen kann. Der Clou ist, dass man eine Fahrt auf einen USB-Stick aufzeichnen, bei Renault Sport Online anschauen und sharen kann. Aber dazu später mehr, jetzt braucht der R.S. erstmal ordentlich Auslauf.

Der aufgeladene 1.6 Liter Benziner meldet sich grummelnd zum Dienst. Saugmotor und Handschaltung sind passé, der neue Clio R.S. gibts ausschliesslich mit Turbo und 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, welches über verführerisch grosse, feststehende Schaltpaddels bedient werden kann. Laut Werk soll sich das neue Triebwerk mit 6.3 l/100 km zufrieden geben, dies allerdings mit seeeehr vorsichtigem Eco-Drive und nicht mit artgerechtem R.S.-Drive –wobei Eco-Drive sowieso ziemlich schwierig ist, denn das Automatikgetriebe hält selbst im normalen Modus die niedrigen Gänge ziemlich lange drin, so, als ob es ständig noch einen weiteren Gasstoss erwarten würde. Hier meint es Renault mit der Sportlichkeit etwas zu gut, eine ökologischere Schaltlogik im normalen Fahrmodus würde auch dem Clio R.S. gut stehen. Hinzu kommt, dass das Getriebe keinen stockenden Verkehr mag, da ruckelt es nämlich gerne mal. Während der zivile Clio also der perfekte City-Floh ist, fühlt sich der R.S. in der Stadt weniger zu Hause, auch, weil ihm eine Start-Stopp-Automatik fehlt.
Die R.S. Stunde schlägt dafür jenseits des Ortsschildes. Zwischen den Sitzen befindet sich nämlich der unscheinbare R.S. Drive Knopf, mit dem sich die Charakteristik auf scharf (Sport) oder explosiv (Race !) schalten lässt. Während der Sport-Modus zwar das Getriebe und die Gasannahme schärft, bleibt der Fahrer trotzdem weitgehend entlastet, denn das Getriebe schaltet nach wie vor selber und alle Sicherheitssysteme sind weiterhin aktiv. Ausserdem bietet mittlerweile jede Knallbüchse einen Sport-Modus an, so dass sich der Clio R.S. gezwungenermassen mit dem Race-Modus von der Masse abheben muss. Jetzt erst wird es richtig interessant, denn manuelles Schalten ist im Race-Modus Pflicht, das Getriebe übernimmt lediglich das Herunterschalten, um ein Abwürgen des Motors zu verhindern, hochschalten muss der Fahrer aber in jedem Fall selber. Darüber hinaus sind die Traktionskontrolle und das ESP komplett deaktiviert, dafür ist die Launch Control jetzt verfügbar. Im Race-Modus schiesst der Clio R.S. der ganzen Konkurrenz davon, denn nun ist er kompromisslos auf schnelles Fahren ausgerichtet. Das Getriebe knallt die Gänge mit sattem Grummeln innert 150 Millisekunden rein, jede Kurve ist ein diebisches Vergnügen, denn trotz Frontantrieb umrundet der Clio R.S. Kurven neutral und ohne jegliches Zerren an der Lenkung beim kräftigen Herausbeschleunigen. Auch bei sehr schneller Fahrt untersteuert er nicht, das Fahrwerk ist so gut ausbalanciert, dass das Ausschalten vom ESP auf trockener Strasse keinerlei Gefahr darstellt. Die Lenkung ist ein echtes Präzisionsinstrument, die Bremsen sind bissig wie ein Kampfhund. Der neueste Clio R.S. frisst Pässe in einem Tempo, dass danach sowohl Auto, als auch Fahrer satt sind und mit einem zufriedenen Grinsen zurückblicken: nämlich in Form der R.S. Monitor Aufzeichnung. Eine Fahrt auf den Klausenpass kann hier mitverfolgt werden. Wer allerdings des öfteren einen sportlichen Fahrstil pflegt, muss eine hungrige Rennsemmel füttern: Stolze 9.5 l/100 km verlangte der Clio R.S.. Eindeutig eine Klasse für sich, nett ausgedrückt.

Ebenfalls eine Klasse für sich ist der Testwagenpreis von 37’200 CHF, denn mit diesem Preisschild lässt der Clio R.S. Monaco GP alle anderen Konkurrenten hinter sich. Zwar bietet Renault eine kleine Granate mit Alltagstauglichkeit an, wobei es in der City gerne mal ein bisschen ruckelt und die Automatik nicht sofort den richtigen Gang findet. Ansonsten überzeugt das Auto auf der ganzen Linie, jetzt muss jeder für sich selber entscheiden, ob der hohe Preis gerechtfertigt ist. Das Fahrverhalten dieser französischen Knallbüchse ist auf jeden Fall noch viel gesalzener, als es der Preis selber ist. Versprochen!

Alltag ★★★★☆

Obwohl der Clio R.S. sehr sportlich ist, federt sein Fahrwerk nicht allzu hart ab. Das Platzangebot ist für einen Kleinwagen gut. Weniger gut ist der hohe Verbrauch und das Verhalten des Automatikgetriebes innerorts, da es zu lange in den niedrigen Gängen verweilt.

Fahrdynamik ★★★★★

Im Race Modus werden alle Register gezogen, da bleibt kein Auge mehr trocken. Der Clio R.S. geht ab wie vom Katapult geschossen und keine Kurve kann ihn Bremsen. Motor, Getriebe, Lenkung, Fahrwerk, Bremsen, alle Komponenten arbeiten wunderbar zusammen. Wenns drauf ankommt, er ganz klar mehr Sport- als Kleinwagen.

 Umwelt ★★☆☆☆

Mehr Sport- als Kleinwagen, das gilt leider auch für den Verbrauch. 9.5 Liter auf 100 km sind eine klare Ansage.

Ausstrahlung ★★★★★

Als Monaco GP wirkt der Clio R.S. très chic, die Kombination aus Perlweiss, schwarzem Dach und schwarzen Felgen, sowie roten Bremskolben, steht ihm fantastisch.

Fazit ★★★★★

+ Knackiges Aussendesign
+ Gute Verarbeitungsqualität
+ Bequeme Sportsitze
+ Verhältnismässig gutes Platzangebot
+ Sehr hohe Fahrdynamik
+ Race Modus
+ Sportlich-hartes Fahrwerk, bewahrt aber Federungskomfort
+ Modernes Infotainmentsystem mit Online Diensten

– Hoher Preis
– Sehr hoher Verbrauch
– Automatikgetriebe überzeugt innerorts und bei Stop & Go nicht

Steckbrief

Marke / ModellRenault Clio R.S. Monaco GP
Preis Basismodell / Testwagen32'200 CHF / 37'200 CHF
AntriebBenzin, Frontantrieb
Hubraum / Zylinder1618 ccm / R4
GetriebeEDC 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Max. Leistung147 kW bei 6000 r/min
Max. Drehmoment240 Nm bei 1750 - 5700 r/min
Beschleu­nigung 0–100 km/h6.7 s
Vmax230 km/h
Verbrauch Werk / CO2 Emissionen / Energieeffizienz6.3 l/100 km / 144 g/km / E
Verbrauch Test / CO2 Emissionen9.5 l/100 km / 217 g/km
Länge / Breite / Höhe4.09 m / 1.73 m / 1.43 m
Leergewicht1279 kg
Koffer­raum­volumen300 - 1146 l

(Bilder: Koray Adigüzel)

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