Chevrolet Volt: Stromer für alle Fälle

Der Chevrolet Volt und das Zwillingsmodell Opel Ampera vereinen die Elektromobilität und eine hohe Reichweite in einem. Man nennt ihre Technik Range Extender, auf Deutsch Reichweitenverlängerer. Kurze Strecken sollen so rein elektrisch bewältigt werden und für längere Strecken steht ein Benzinmotor zur Verfügung. Diese Kombination soll den Einstieg zur Elektromobilität erleichtern, denn sie nimmt den Leuten die Angst, stromlos stehen zu bleiben. Für diesen technologischen Meilenstein wurden beide Autos als “Car Of The Year 2012” gekürt.

Das Aussendesign fällt auf, denn es wirkt dynamisch-sportlich und einfach “anders” als eine 08/15 Limousine. Vor allem die Front wirkt mit der tiefen Lippe, den aggressiv blickenden Scheinwerfern und der ansteigenden Motorhaube äusserst angriffslustig. Damit wirkt der Volt im Rückspiegel des Vordermannes bestimmt nicht sehr einladend. Die Dachlinie fällt zwar ab der B-Säule merklich ab, aber nicht so stark, dass er als Coupé-Limousine wie beispielsweise der Mercedes CLS durchgehen würde. Das etwas klobige Heck wird von einem kleinen Spoiler geziert, die Auspuffanlage für den Benziner ist nicht sichtbar.
Zwillingsbruder Ampera unterscheidet sich bis auf ganz kleine Details nur durch andere Frontscheinwerfer und Rücklichter sowie Kühlergrill.

Das Interieur macht einen guten ersten Eindruck, aber nicht nur das: es schafft es, diesen Eindruck aufrechtzuerhalten. Der Volt besitzt eine ansehnliche Schwarz-Weiss Kombination im Innenraum. Das Display hinter dem Lenkrad, welches die klassischen Rundinstrumente ersetzt, ist gut ablesbar und ändert die Helligkeit je nach Umgebungslicht, genauso wie der Touchscreen in der Mitte, mit dem man das Infotainmentsystem bedient. Dieses wird entweder über den Touchscreen oder die Sensortasten in der Mittelkonsole bedient. Die Sensortasten sehen zwar insbesondere im Dunkeln ganz hübsch aus, die Bedienung ist intuitiv, aber man ist sich nicht immer sicher, ob man richtig getippt hat, da es manchmal eine kleine Verzögerung gibt.
Die Sitze sind sehr bequem, langstreckentauglich und lassen sich auf Wunsch beheizen.
Die Dimensionen des Handschuhfaches sind etwas mager ausgefallen, dies wird jedoch durch andere Ablagemöglichkeiten teilweise kompensiert.
Bequem sitzen lässt es sich auch auf den zwei Einzelsitzen in der zweiten Reihe und der Kofferraum bietet mit 300 Litern immer noch genügend Stauraum. Allerdings schwingt die gewichtssparende Kofferraumabdeckung nicht mit dem Deckel nach oben, sondern ist mit vier Haken eingehängt. Genuss für die Ohren liefert das optionale Bose-Soundsystem, übrigens mit gewichtssparenden Magneten ausgestattet.
Die Rundumsicht wird durch breite A-Säulen sowie dem Spoiler hinten eingeschränkt, doch optional stehen Front-und Hecksensoren sowie eine Rückfahrkamera auf der Aufpreisliste.

Der Chevrolet Volt und der Opel Ampera bieten den Kompromiss zwischen emissionsfreiem Fahren und hoher Reichweite. Der 111 kW Elektromotor stemmt ab der ersten Umdrehung beeindruckende 370 Nm auf die Vorderachse, was für einen flotten Start sorgt und eine gute Elastizität bietet. Dabei gibt der Elektromotor selbst bei Höchstleistung kaum mehr als ein leises Surren vor sich. Strom bezieht der Motor aus dem rund 198 Kilo schweren und 16 kWh leistenden Akku. Das Laden mit dem mobilen Ladekabel (10 Ampere) funktioniert problemlos und innert 6 Stunden ist der Akku geladen. Laut Werk reicht das für 80 Kilometer elektrisches Fahren, doch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass bei konstanter und ökologischer Fahrweise sogar 100 Kilometer möglich sind und zwar mit eingeschalteter Klimaanlage. Geht dem Akku der Saft aus, springt ein 1.4 Liter Benziner an, der aber nur als Generator läuft und den Strom produziert, welchen man gerade benötigt. Es besteht jedoch eine mechanische Verbindung zwischen Verbrennungsmotor und Antriebsachse und im Hold-Modus unterstützt der Benziner den Elektromotor bei Volllast. Da der Volt aber ohne Benzinmotor, jedoch nicht ohne Elektromotor fahren kann, gehört er zur Kategorie der Elektroautos.
Auf 100 km mit Generatorbetrieb verbraucht man dann laut Bordcomputer ca. fünf Liter Benzin, was bei 1715 Kilo Leergewicht immer noch ein erfreulich tiefer Wert ist. Mitverantwortlich dafür dürfte der äusserst geringe cw-Wert (Strömungswiderstand) von 0.27 sein, welcher genauso niedrig wie bei der Corvette ist. Durch den 16 kWh Akku und den 35 Liter Tank ist eine Reichweite bis zu 600 Kilometern machbar, was dieses Auto vollends alltags- und reisetauglich macht. Bei konstanter Fahrweise arbeitet der Benziner sehr ruhig und wird nur wahrgenommen, wenn man sich wirklich darauf konzentriert. Hut ab für dieses Geräuschniveau, welches für ein entspannteres Vorwärtskommen sorgt.
Der Fahrer kann frei zwischen vier verschiedenen Fahrmodi wählen: Normal, Sport, Gebirge und Hold. Das Fahrzeug startet immer im Normal-Modus, wird also rein elektrisch betrieben. Für ein feinfühligeres Gaspedal und stärkere Beschleunigung steht der Sportmodus, mit dem man auf einer kurvigen Landstrasse durchaus sehr sportlich unterwegs sein kann. Das Fahrwerk, obwohl angenehm ausgewogen abgestimmt, lässt nicht viel Wankbewegungen aufkommen. Einziger Wermutstropfen bei flotter Fahrt ist die etwas zu leichtgängige Lenkung.
Der Gebirge-Modus ist für steile Strecken gedacht, bei dem der Benziner bei niedriger Akkuladung mitläuft, um den erhöhten Strombedarf sicher zu decken. Den so entstandenen Benzinverbrauch kann man bei der Abfahrt kompensieren, denn das Getriebe bietet nebst der normalen D-Stellung auch eine L-Stellung, in welcher der Elektromotor rekuperiert und so als Generator Strom generiert. Dieser Vorgang wird durch eine stärkere Motorbremse wahrgenommen. Im Hold-Modus läuft der Benziner immer mit, ganz unabhängig von der Akkuladung. So wird der Strom quasi konserviert. Bei Steigungen und Geschwindigkeiten über 80 km/h benötigt der E-Motor überdurchschnittlich viel Strom, hier fährt man mit eingeschaltetem Generator effizienter. Der kluge Wechsel zwischen dem Normal- und Hold-Modus, die Nutzung der L-Stellung im Getriebe, sowie das Fahren mit Tempomat und eine vorausschauende Fahrweise sind die Schlüssel für eine möglichst effiziente Fortbewegung mit dem Volt. Um den Fahrer dabei zu unterstützen, bewegt sich auf dem Display hinter dem Lenkrad ein Ball beim Beschleunigen nach oben und beim Bremsen nach unten. Ziel ist es, den Ball möglichst in der Mitte einpendeln zu lassen.

Eine grosse Sorge bei Elektrofahrzeugen ist immer der Preis. Doch der Volt bietet ein sehr attraktives Preis-Leistungsverhältnis. Ab 50’490 CHF ist man stolzer Besitzer dieses Autos, eine üppige Serienausstattung inklusive. Auf der Aufpreisliste stehen lediglich zusätzliche Lackierungen, polierte Felgen, ein erweitertes Audio- / Navigationspaket sowie die Einparkhilfe. Chevrolet gewährt 3 Jahre / 100’000 km Werksgarantie sowie 8 Jahre / 160’000 km Garantie auf den Elektroantrieb inkl. Akku. Die Unterhaltskosten im Service sind durch den Elektroantrieb geringer als bei konventionellen Antrieben.
Auch um die Sicherheit muss man sich nicht sorgen: fünf Sterne beim Crashtest, acht Airbags, ABS, Traktions- und Stabilitätskontrolle, sowie eine spezielle Fussgängerhupe (extra eingebaut wegen des sehr leisen E-Antriebs) sorgen für eine sichere Fahrt.
Mit dem Volt geht man keine Kompromisse ein. Man erhält ein wegweisendes Auto, mit dem man äusserst effizient unterwegs sein kann und dennoch bei forcierter Gangart Laune macht. Der Preis ist mehr als nur fair, insbesondere, wenn man die Preise in der Mittelklasse bei den deutschen Premium-Herstellern betrachtet. Angesichts diesem hervorragenden Auto sollte den Gegnern von ökologischen Fahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien langsam aber sicher der Wind aus den Segeln genommen werden.

(Bilder: Koray Adigüzel)

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